Messereport PLS 2001

Geordnete Verhältnisse

Von Fritz Fey und Dieter Kahlen

Zunächst hätte man denken können, das Hörgerät streikt. Diese Grabesruhe in der Schwarze-Kisten-Halle`!? Jetzt, da nun endlich die “seriöse” Studiotechnik mit leisen Tönen und tiefgreifenden Fachgesprächen von der Beschallungstechnik mit der “ich-hab-den-Längsten”-

Mentalität getrennt wurde (bitte nicht ganz so ernst nehmen ... ), scheint sich in der neuen Krachzone niemand mehr zu trauen, seine urgewaltigen Donnerkisten aufzureißen, um den Besuchern mal zu zeigen, wer der (SPL-)Herr im Hause ist. In der Studiohalle hingegen herrschte ganz unerwartet ein ziemlicher, kaum vor dem Hintergrund der Proteste vergangener Jahre zu erklärender Lärm. Verrückte Welt, das soll noch einer verstehen. Aber dennoch ist es gut so, wie es ist. Die neue, von vielen herbeigesehnte Hallenordnung wurde in diesem Jahr erfolgreich vom Messeorganisationsteam umgesetzt. Nun ist zusammen, was zusammengehört.

Das Prolight+Sound Studioteam (v.l.n.r.):
Reinhard Schaub, Birgitta Schaub,
Reiner Stemmermann, Manfred Struck

Unseren Themenbereich der professionellen Audiotechnik verschlägt es also zukünftig in die Hatte 6.1. Alle Aussteller, die sich mit Studiotechnik beschäftigen und einen Sinn darin sehen, nach Frankfurt zu kommen, findet der Besucher dort sozusagen unter einem Dach, in diesem Jahr noch mit einigen Ausnahmen, die

jedoch ihre Entscheidung, der Studiohalle fernzubleiben, möglicherweise im Nachhinein bereut haben. Erste Nachmessestimmen bestätigen inzwischen, dass zum einen Aussteller, die der Prolight+Sound bereits den Rücken gekehrt hatten, im nächsten Jahr wiederzukommen beabsichtigen, und dass zum anderen die Idee einer Pro Audio Abteilung breite Zustimmung unter den Ausstellern findet. Das neue Hallenkonzept ist gut und es wird im nächsten Jahr noch besser, wenn die eigentliche Musikmesse räumlich dicht an die Hallen 4, 5 und 6 heranrückt, denn dann werden auch die lästigen Shuttlebus-Fahrten von einer Ecke des Messegeländes in die andere Geschichte sein.

Immer volles Haus im Prolight+Sound Studio-
oft war vor lauter Publikum kein Studio mehr
zu sehen.

Der erfolgreiche Start in eine bessere Pro Audio Zukunft für die Prolight+Sound ist geschafft, wenngleich die Studiohalle noch einige weiße, zum Teil unansehnliche Leerstellen aufwies, die es im nächsten Jahr eleganter, möglichst mit neu hinzugekommenen Ausstellern zu füllen gilt. Der überwiegende Teil der betreffenden Aussteller kommentierte und -ergebnis mit einem

überaus zufriedenen Gesichtsausdruck. Die Musikkonjunktur scheint zumindest auf unserem Gebiet wieder anzuziehen. Mit der neuen Hallenordnung sollten in diesem Jahr auch neue Öffnungszeiten Einzug halten, die der Musikbranche und ihren Schlafgewohnheiten mehr entgegenkommen. Statt von neun bis achtzehn Uhr hatte man auf zehn bis achtzehn Uhr umgestellt und verkürzt. Doch das erwies sich als gar nicht so einfach, denn eine seit über zwanzig Jahren praktizierte Öffnungszeitenregelung ändert man, zumindest für die Besucher, nicht von heute auf morgen. Und so fanden wir auf der Messe einen Handzettel, der das Dilemma mehr als verdeutlichte. Wir dürfen zitieren: “Die Prolight+Sound beginnt dieses Jahr täglich um lo:oo Uhr. Wenn zu viele Besucher bereits vor lo:oo Uhr zu den Eingängen drängen, kann es erforderlich sein, dass bereits vorher Besucher eingelassen werden müssen. Wir empfehlen daher eine Standbesetzung bereits ab 9:oo Uhr vorzunehmen.”

Na wunderbar, eine Messe, die eigentlich erst um lo:oo Uhr beginnt, vorsichtshalber aber doch schon um 9:oo Uhr, falls jemand früher reinmöchte? Für einige Aussteller, die diese Sonderregelung nicht mitbekommen hatten, war die Überraschung groß, wenn sie um io:oo zum Stand kamen: die Besucher waren schon längst da! Besser kann man es eigentlich nicht mehr machen! Auf der Suche nach mehr Profil und Alleinstellungsmerkmalen hatte die Messe neben dieser humoristischen Einlage weit im Vorfeld der Veranstaltung jedoch auch noch nach anderen Möglichkeiten gesucht, ihre eigentlichen Stärken deutlicher zu transportieren. Weder eine AES Convention, noch eine Tonmeistertagung wird die Prolight+Sound jemals sein können, dafür hat sie aber etwas, was die anderen nicht haben: das Nachwuchspublikum (die Profis von morgen) und die Schnittstelle zwischen Musik und Produktion. Was lag also näher, als die Idee, den ganz normalen Studioalltag' auf der Prolight+Sound zu präsentieren? Man nehme also ein professionelles Produktionsteam, bestehend aus Produzent, Toningenieur, Moderator und Sängerin, setze es mitten in die Studiohalle in ein Tonstudio und lasse es das tun, was es auch sonst den ganzen Tag macht: Musik Produzieren in allen Facetten von der Aufnahme bis zur Mischung. Gesagt. getan...

Das Prolight+Sound Studio

In Zusammenarbeit mit externen Beratern wurde eine Instaltationsplanung entwickelt, die ein typisches Projektstudio auf anspruchsvollem Niveau im Visier hatte. Das PLS-Studioteam stellte eine Wunschgeräteliste zusammen, die mit Hilfe der Industrie und entsprechenden technischen Leihgaben umgesetzt wurde.

Bereits im Vorfeld hatten wir als Redaktion von diesem Projekt erfahren und waren spontan von der Idee begeistert. Was könnte auf einer solchen Messe besser funktionieren, als der Know-how-Transfer vom Profi zum angehenden Produzenten oder Techniker, und zwar sozusagen am lebenden Objekt. Der musikalische Leiter des Teams und Produzent Reinhard Schaub, bereitete einen geeigneten Musiktitel vor, an dem das Team fünf Tage lang auf der Messe im PLS-Studio arbeitete. Mit Manfred Struck hatte man einen erfahrenen Toningenieur

Prolight+Sound Studio-
der ganz normale Studioalltag

verpflichten können, der erstens in der Lage war, auch in lärmerfüllter Umgebung die Konzentration zu bewahren, und der gleichzeitig während der Messe viele Aspekte des Umgangs mit der Technik erklären konnte. Da Produzent und Toningenieur natürlich konzentriert am Projekt arbeiten sollten, wurde mit Rainer Stemmermann ein Moderator mit besonderen Qualitäten ins Team geholt, der als Tonstudiobesitzer die Kommunikation mit dem Publikum in Gang hielt. Birgitta Schaub, zufällig professionelle Sängerin und Ehefrau des Produzenten, stellte sich zur Verfügung, die Vocal-Sessions mit Live-Gesang zu absolvieren, gleichzeitig aber auch mit dem Publikum über die wesentlichen Aspekte der Gesangsaufnahme zu diskutieren.

Vocal Session im
Prolight+Sound Studio
Sängering und Vocal
Coach Birgitta Schaub

Damit ein solches Studioprojekt überhaupt in die Tat umgesetzt werden konnte, war der Einsatz eines Installationsunternehmens zwingend notwendig. Mit Arno Düren (TAD) fand man den richtigen Mann, die gesamte Anlage zu verkabeln und zuverlässig zum Spielen zu bringen. Als Fachberater und Spezialist für den Workstationbereich bot sich Carsten Wönicker an, dessen Arbeitgeber, das Düsseldorfer Studiosystemhaus Digital/ Audio, die komplette Workstation als Herz des Studios mit ProTools 24 Mix Plus TDM mit diversen Plug-Ins und Emagic Logic Audio zur Verfügung stellte. Zur Studioinstallation gehörte außerdem ein Sony DMX-Rloo Digitalmischpult, MicPre-Amps von Millennia Media und Manley, ein Lexicon 96oL und TC System 6ooo, diverse Peripheriegeräte wie TC Finalizer, Waves L2 und Manley Kompressoren und EQs, diverse Tascam-Maschinen (DA-45 HR DAT, MX-2424 Mehrspur HD und DA-98 HR DTRS), ein 5.1 Abhörsystem von Genelec mit fünf mal 1032A und 1094A Subwoofer, Kopfhörerverstärker von Lake People,

Mikrofone von Brauner, Neumann, Sennheiser und Beyerdynamic und ein professionellen CD-Player von Denon. Bei der Geräteauswahl stand vor allem im Vordergrund, momentan aktuelles Equipment zu benutzen, dass zumindest zu einem Teil auch für die Besucher in erreichbarer Preisgrößenordnung lag und gleichzeitig die Perspektive kostspieliger Zusatzgeräte-Peripherie aufzeigte. Zusätzlich wurde ein ganzer Park von MIDI-Equipment aufgefahren, den Lieferfirmen wie Roland, Yamaha, Akai, Alesis, Korg und andere Hersteller bereitwillig zur Verfügung stellten. Die Messe hatte ein etwa 250 Quadratmeter großes Areal der Halle mit Glaswänden abgeteilt, eine Gesangskabine aufgebaut und vier große Plasma-Displays installieren lassen, die den Bildschirminhalt der Workstation für das Publikum sichtbar machten. Bereits am ersten Tag der Messe gab es für das Produktionsteam Arbeit, die eigentlich nicht zum Programm gehörte. Radio FFH hatte im Vorfeld der Messe einen Gesangswettbewerb ausgeschrieben und die beiden Gewinner eingeladen, je einen Song im PLS-Studio vor Publikum

Workstation-Spezialist
Carsten Wönicker (Digital/Audio)
stand dem Studioteam während der gesamten Messe im Prolight+Sound
Studio zur Verfügung und beteiligte
sich aktiv an den Frage-und-Antwort-
Sessions

aufzunehmen. Entgegen der Befürchtung, eine peinliche Karaoke-Vorführung ertragen zu müssen, stellten sich die beiden Gewinner, eine Sängerin und ein Sänger, als ausgesprochen talentierte Musiker heraus, so dass es dem Team ganz offensichtlich Spaß machte, mit den beiden zu arbeiten. Das Ergebnis ging dann auch tatsächlich noch während der Messe auf den Sender. Das Interesse des Publikums am PLS-Studio übertraf während des gesamten Messeverlaufs sämtliche, auch noch so kühne Erwartungen. Viele Besucher hielten sich stundenlang im Studio auf, blickten dem Produktionsteam über die Schulter, stellten qualifizierte Fragen und diskutierten auch untereinander. Oft wurde das

PLS-Studioteam dauerhaft von fünfzig Besuchern umlagert, die nicht einfach nur mal zuschauen wollten, sondern dieses besondere Messeangebot mehr als dankbar annahmen. jeden Tag wurden Gesangsaufnahmen anberaumt, Sitzungen zu Sounddesign oder Aufnahme und Mischung abgehalten. Und alle Beteiligten waren sich am

Ende sicher: mit dieser Idee hat die Protight+Sound wirklich deutlich an Attraktivität für den audiointeressierten Besucher zugelegt. Das Studio erwies sich nicht nur als Publikumsmagnet, sondern wirkte auch als Katalysator für einen gezielten Informationsbesuch der Messestände. Dem Team konnte man den Spaß an der Sache die ganze Messezeit über anmerken. Mit so viel Zuspruch, Begeisterung und Dankbarkeit für diese Einrichtung hatte wohl keiner der Beteiligten gerechnet. Und so ist es auch kein Wunder, wenn bereits jetzt kreativ über das Prolight+Sound Studio 2002 diskutiert wird.

Auszug aus Studiomagazin 03/01

Prolight+Sound Studio -
viele Besucher blieben stundenlang
dabei

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